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Wortbrücke zum 3. Sonntag nach Epiphanias – Sonntag, den 21.01.2024

Hoffnung für alle. Über alle Grenzen.

Dieser Sonntag ist ausgerichtet auf ein typisches Epiphanias-Motiv, das schon in der Geschichte von den drei Weisen aus dem Morgenland aufscheint: Gottes Geist greift über Grenzen hinaus und wird vor aller Welt sichtbar. Der Hl. Franz von Assisi, zunächst eifriger Kriegs-teilnehmer und Ritter, ist vor der Kreuzikone von San Damiano (Bild links) zur Besinnung gekommen. Eine Figur auf dieser Kreuzikone ist anschlussfähig an seine eigene Biografie: Der Hauptmann von Kapernaum. Er ist Soldat wie Franziskus. Zwei Männer, zwei Krieger, die ein Wagnis eingehen und sich radikal auf Jesus Christus einlassen. Dies verändert ihr Leben. Das soll auch uns verändern. Denn sie werden uns als Vorbild vorgestellt.

Der Hauptmann, ein Römer, wendet sich als „Heide“ voller Vertrauen mit einem Heilungswunsch (für seinen Diener der gelähmt ist) an Jesus. Mit dieser Geschichte will der Evangelist Matthäus den ersten christlichen Gemeinden und uns als Kirche zeigen: Glauben ist nicht etwas „nur für den innerkirchlichen Dienstgebrauch“. Schon im 1. Jahrhundert überschreitet der christliche Glaube früh den Rahmen einer jüdischen Sekte und gewinnt einen weltweiten Horizont. Die Kirche allerdings hat sehr bald neue Grenzen gezogen zwischen sich - und den sog. „Heiden“. Auch in der Kirche war es bald wieder da, jenes Wort (Heiden), das einst die Nicht-Juden, jetzt aber alle Nicht-Christen zusammenfasste und ausgrenzte. Und die revolutionäre Erfahrung ging dabei leider verloren: Dass man den richtigen Geist oft gerade dort findet, wo man ihn nicht erwartet. Der Hl. Franziskus erweitert diese Haltung sogar auf alle Geschöpfe und die Natur. Er nennt die Tiere Brüder und Schwestern.

Auf der Kreuzikone von San Damiano hat sich „allerlei Volk“ versammelt: Frauen, Jünger und Heilige, auch Römer (Heiden) und Juden. Für alle breitet der am Kreuz eher „stehende Christus“ (Symbol der Auferstehung) seine Arme aus, als wollte er sagen: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid“ (Matth. 11,26). Der Gedanke einer weltweiten Gemeinschaft der Glaubenden (Ökumene) ist eine Utopie, eine bleibende Herausforderung, immer wieder Engstirnigkeit und alle Selbstgerechtigkeit zu überwinden.

In einem atheistischen, zunehmend multikulturellen Umfeld, gilt die Geschichte vom Hauptmann von Kapernaum uns als Mahnung vor einer kirchlichen Blase, vor einem Gemeindeleben als „Wohlfühloase“, mit Weltflucht und Rückzug auf sog. „Kernaufgaben“. Jesus hat, wenn er Kritik an Israel geübt hat, über seine religiöse Tradition gesprochen. Wenn wir uns diese Aussagen zu eigen machen wollen, müssen wir sie kritisch auf unsere eigene, christliche Tradition beziehen. Die Geschichte vom Hauptmann von Kapernaum ist eine Ermutigung zum Tabu-Bruch. Wir sind aufgerufen zu fragen, wo uns heute Hauptmänner, Zöllner oder Ausländerinnen begegnen, die für die christl. Gemeinde Vorbilder im Glauben sind. Halten wir die Augen und Herzen offen!

Thomas Lösche - Religionspädagoge