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Wortbrücke - 15. Sonntag nach Trinitatis
Schwerpunktthema: SORGEN
Zumindest die Kindheit durchleben die meisten Menschen als eine Phase der Sorglosigkeit, weil in dieser Zeit die Eltern für sie sorgen. Pränatal sind wir ohnehin rundum versorgt und geschützt. Wenn auch dieses "Paradies" irgendwann verloren geht, bleibt doch die Sehnsucht danach in uns bestehen. Viele von Ihnen haben vermutlich den Sommerurlaub schon hinter sich, meist eine Zeit der Erholung und Entspannung. Auch in der Freizeit gelingt es mitunter sich selbst ein befristetes Schlaraffenland zu erschaffen, doch früher oder später zerbricht es wieder an Zwängen der Realität.
Jesu Appell gegen das falsche Sorgen ist hingegen keineswegs unrealistisch. Jesus erkennt an, dass "jeder Tag seine eigene Plage hat". Aber er weiß auch, dass übertriebene Vorsicht, Absicherung nach allen Seiten, Argwohn und Besorgnis, eine Spirale von Angst erzeugt, die eher Probleme schafft und uns bei der Entfaltung wahrer Lebensfreude behindern kann.
Der Verzicht auf die Sorge um das Morgen ist insofern realistisch, als man mit Gott, mit dem Unvorhersehbaren, rechnen muss und kann. Letztlich lenkt Jesus - ähnlich wie vor ihm Buddha oder der römische Dichter Horaz (65-8 v. Chr. „carpe diem“) - unsere Aufmerksamkeit ganz auf die Gegenwart, in der allein sich das Leben ereignet. In verschiedensten Fassetten hat sich die Menschheit über die Jahrtausende mit dem Gewinn durch Loslassen philosophisch und theologisch beschäftigt. So schreibt Lao Tse (*571 v. Chr. in China): „Wenn ich loslasse, was ich bin, werde ich, was ich sein könnte. Wenn ich loslasse, was ich habe, bekomme ich was ich brauche“.
Jesu Appell gegen das falsche Sorgen gilt möglicherweise nicht nur uns persönlich, sondern auch unserer Kirche und Gemeinde.
Thomas Lösche – Religionspädagoge
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