Startseite   |   Impressum   |   Datenschutz    


 

Wortbrücke 7. Juli 2024

„Denn was hilft es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber Schaden nimmt an seinem Leben?“
(Matthäus 16, 27 – Lehrtext 7.7.24; Zürcher Bibel)

An unserm Dom sind für dieses Kirchenjahr nun erst einmal die ganz großen Feiern und Festgottesdienste vorüber. Nach der Konfirmation am Pfingstsonntag und dem Abiturgottesdienst mit anschließender Entlassfeier unseres Ökumenischen Domgymnasiums – beide haben den Dom bis auf den letzten Platz gefüllt – kommen nun die kleineren Veranstaltungen des Sommers: Hochzeiten und Touristenbesuche sind jetzt zentral. Viele Menschen kommen auch auf ihren Reisen nun in die Kathedrale, einzeln und in größeren Gruppen. Der Dom wird als kunst- und kulturhistorische Sehenswürdigkeit von Weltrang wahrgenommen, neugierig und hochinteressiert durchwandert. Kurz vor Schuljahresschluss kommen auch viele Schülerinnen und Schüler. Erstaunlich viele Menschen bleiben zum Mittagsgebet. – Wenn man jetzt in Dom kommt, so sieht man immer wieder Menschen in den Sitzreihen sitzen, nachdenklich, still, versunken manchmal sichtbar betend.

Unsere Küster wissen, dass solche Besucherinnen und Besucher nur bei äußerster Notwendigkeit angesprochen werden sollen. Sie suchen die Stille des Domes, die Weite der Gewölbe, die Möglichkeit des Abstands, den sakralen Bau, der über die Jahrhunderte durchsungen und durchbetet wurde. Es sind Menschen von nah und von fern. Worüber denken die Menschen nach? Über Vieles und Unterschiedliches: über Gott und die Welt, über sich selbst, über Probleme, über Schönes, um Sinn und Ziel, über das Wesentliche. Der Lehrtext zu diesem Sonntag gibt einen guten Hinweis, warum es wichtig ist, an das Wesentliche im Leben und des Lebens zu denken. Wenn wir uns nur mit dem durchaus Schönen und dem zweifellos auch Schrecklichem der Welt um uns auseinander- setzen, wenn wir uns nur ans Äußere der Welt hängen mit allem ihrem Wert, werden wir feststellen, dass wir an Zentralem vorbeigehen, an Gründung, an Tragfähigkeit, an Sinn.

Der Dom regt an, in seiner Schönheit und seiner Weite ins eigene Innere zu horchen, das eigenen Herz (und woran es sich hängt) wieder zu erkennen, manchmal Korrekturen und Veränderungen zu erwägen. Der Dom ist bei aller Prächtigkeit nicht zum Selbstzweck errichtet, sondern er ist als Gotteshaus für die Menschen da. Er dient den Menschen zur Reflexion, zur Selbstreflexion, zu Selbsterkenntnis – und echte Selbsterkenntnis ist, das lässt sich von den Christenmenschen hören, immer auch Gotteserkenntnis. Ja, der Dom kann – und will – einen Weg zu Gott aufzeigen, er will sich dazu anbieten, er ist dazu da, aber er drängt sich nicht auf, sondern lässt den Menschen die Freiheit, solche Wege zu gehen – oder sich einfach am Gebäude zu erfreuen.

Und im Endeffekt können natürlich auch die Wege der Freude und des Staunens über das große Glaubenszeugnis aus Stein auch zu Gott führen, der sich so unterschiedlich spürbar macht. Papst Benedikt hat einmal im Interview gesagt, dass es so viele Wege zu Gott gibt, wie es Menschen gibt – ein guter, wahrlich christlicher und geradezu evangelischer Gedanken. In diesem Sinne: herzlich willkommen im Magdeburger Dom, in ihrem Dom, für einen schönen Sommerbesuch, für Nachdenklichkeit und Reflexion, für Stille und Freude und vielleicht einen Weg zu und mit Gott!

Ihr Stephen Gerhard Stehli
Domgemeindekirchenratsvorsitzender