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Osterkarte 2022
»Ich habe den Herrn gesehen«,
berichtet Magdalena den Jüngern, und außerdem, »was er zu ihr gesagt habe«. (Johannes)
Es ist nicht zu fassen, es ist nicht
zu begreifen: »Rühr mich nicht an«,
hatte er gesagt. »Denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater.
Geh aber hin zu meinen Brüdern
und sage ihnen [...]« Sie tut's, voll des Lebens.
Das Magdalenen-Tympanon im
Magdeburger Dom zeigt beides:
Wie der Auferstandene Magdalena
zu den Jüngern schickt (rechts) und wie sie diesen von der Begegnung
am Grab berichtet (links): »Ich habe den Herrn gesehen«, spricht sie in der in Stein gehauenen Szene aber
nicht nur zu Petrus, sondern auch zum Stifter des Reliefs, Gebhard von Querfurt, der sich über dem Eingang zur
Magdalenen-Kapelle in die Osterzeugen einreiht.
Das ist apostolisch: die Reihe bis in unsere Zeit fortsetzen, indem wir das Wort aufnehmen und weitergeben: »Ich
habe den Herrn gesehen.«
Von rechts nach links gelesen zeigt das Tympanon diese Bewegung unseres am Karfreitag gepflanzten und im Licht des
Ostermorgens erblühenden Glaubens. Von links nach rechts lesen wir in dem Bild, was uns selbst erwartet: dem
Auferstandenen zu begegnen, der uns in Magdalenas Worten entgegeneilt.
Zwei Generationen Frauen und noch einer Generation Kinder von Ukrainerinnen suchen bei uns Schutz vor Putins Krieg.
Je länger die Kämpfe dauern, umso mehr Frauen
werden zu Witwen und Kinder zu
Waisen. Alle haben ein Leben zurückgelassen, das sie so nicht wiedergewinnen werden. Was sie berichten, kann keiner
fassen; kann keiner begreifen.
Aber nicht wegzuschauen, das ist uns möglich. Uns von der weinende Magdalena noch vor der Morgendämmerung ans Grab
führen lassen. Ein Stück weit mitgehen. Ihr in die Dunkelheit folgen, in ihrem Tempo, in unserem Tempo. Einer wird
dort sein. Vor uns und Magdalena. Und mit uns. Er stellt Fragen, die nach Leben schmecken. Er wird uns Worte geben. Und Leben.
Vertrauen wir darauf in diesem Jahr, in dem sich die Osterworte zögerlich über die Lippen mühen.
Der Herr ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden. Halleluja.
Ihre Regionalbischöfe
Dr. Dr. h.c. Johann Schneider und Uwe Jauch
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