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Wortbrücke zum Reformationstag
31. Oktober 2021

Es gibt in Magdeburg nur noch wenige Orte, die an die große Bedeutung der Reformation für diese Stadt erinnern. Das Magdeburg im Grunde im Tandem mit Wittenberg Motor der Reformation war, Medienstadt des neuen Geistes, Aufbruch in die Neuzeit, ist vielen Menschen in Magdeburg leider nicht mehr bewusst.

„Ein feste Burg unser Gott“ dichtet Luther vermutlich 1527 und wo kann man dieses Lied damals besser verstehen als in der Festungsstadt Magdeburg, die wegen ihres neuen Glaubens mehrfach belagert wird. 1527 ist Magdeburg bereits drei Jahre protestantisch und Luthers Schriften und Lieder werden in Magdeburg mannigfach gedruckt.

Ein Lied geht um die Welt: Es gibt unzählige Chorsätze u.a. von Johann Walter, Hans Leo Haßler, Johann Hermann Schein. Ebenso zahlreiche Orgelwerke über das Lied, von Bach über Max Reger bis hin zu Zsolt Gárdonyi mit seiner Toccata aus dem Jahr 2017. In Werken von Händel, Mendelssohn, Wagner und Strauß findet das Lied einen Platz. Heinrich Heine bezeichnet das Lied als Marseillaise des Protestantismus, Friedrich Engels als Marseillaise des Bauernkrieges, für vertriebene, evangelische Christen wird es zum Trostlied und bestimmte melodische Stilelemente des Liedes finden sich sogar im kommunistischen Kampflied „Brüder zu Sonne zur Freiheit“.

Es gibt durchaus seriöse Anhaltspunkte dafür, dass man annehmen kann, dass Luther das Lied im Blick auf die im Sommer 1527 in Wittenberg auftretende Pest geschrieben hat. Im Spätherbst 1527 lässt das Sterben nach. Ende November schreibt Luther aus Wittenberg an seinen Freund Justus Jonas: „Ich möchte Dich zu baldmöglichster Rückkehr einladen; die Pest ist milder; die Leute fangen wieder an zu heiraten und so sorglos zu leben, wie außer der Pestzeit.“

Auf dem Hintergrund der aktuellen Pandemie verstehen wir diese Worte von Luther heute vermutlich ganz gut. Das Bild von Gott als unserer festen Burg fand Luther im Psalm 46 „Gott ist unsere Zuflucht und Stärke“. Dort heißt es im Kehrreim: „Der Herr der Heerscharen ist mit uns, eine Burg ist uns der Gott Jakobs.“ 2020 schreibt jemand in das Gästebuch unseres Domes: „Gott! Meine Ängste sind hier im Dom kleiner, weil dein Trost so groß ist“. Da ist es wieder: Gott, unsere Zuflucht.

Ein Ort, wo in Magdeburg die Kraft, die die Reformation in unserer Stadt entfaltet hat, noch spürbar ist, ist unsere Domkanzel. Sie wird von einer kräftigen Paulusfigur getragen. Luthers reformatorisches „AHA-Erlebnis“ stammt aus einer paulinischen Schrift: „Denn so halten wir nun dafür, dass der Mensch gerecht werde ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben.“ (Röm.3, 28).

Thomas Lösche, Religionspädagoge