Das Weltgericht in der Dorfkirche von Vipperow (15. Jrhdt)
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Wortbrücke zum vorletzten Sonntag im Kirchenjahr – 19.11.2023
Das Weltgericht
Vor 78 Jahren begannen die „Nürnberger Prozesse“. Die Anklage lautete: „Verschwörung gegen den Weltfrieden, Führung eines Angriffskrieges, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.“ Die juristische Aufarbeitung war nötig! Das hat schon der Chefankläger im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess, Robert H. Jackson, in seinem Eingangsstatement am 21. November 1945 zum Ausdruck gebracht: „Die Untaten, die wir zu verurteilen und zu bestrafen suchen, waren so ausgeklügelt, so böse und von so verwüstender Wirkung, dass die menschliche Zivilisation es nicht dulden kann, sie unbeachtet zu lassen, sie würde sonst die Wiederholung solchen Unheils nicht überleben.“
Das Thema des vorletzten Sonntags im Kirchenjahr ist das Weltgericht. Es gibt tausendfache Darstellungen in Kirchen und Kathedralen die das Weltgericht zeigen. Im Magdeburger Dom ist z.B. in der Redekinkapelle das Jüngste Gericht dargestellt (spätgotisches Fresko).
Im Apostolikum heißt es: „…zu richten die Lebenden und die Toten“. Das Wort „richten“ hat einen ganz besonderen Klang von eigenartiger Doppeldeutigkeit. In seiner juristischen Bedeutung erinnert es daran, „dass wir alle offenbar werden müssen vor dem Richterstuhl Christi“. (2. Kor. 5,10) Die andere Klangfarbe des Wortes „richten“ aber legt nahe, dass Gott alles noch einmal liebevoll zur Sprache bringen wird. Er wird Dinge und Wesen dieser Welt in seinem Sinne „richten“. Er wird sie wieder recht machen, „richtiggehend“ wie im Anfang, als „er sah, dass es gut war“. „Die Angst vor dem Ende der Welt, ist die Angst vor dem Ende der Welt wie wir sie kennen.“ (Religionswissenschaftler Michael Blume; *1976)
Der in Magdeburg aufgewachsene, bekannte Theologe Eberhard Jüngel (1934-2021) schreibt dazu: „Jesu Licht wird Klarheit bringen über das, was wir in dieser Welt getan und unterlassen haben. Und diese Klarheit wird nicht durch ein unbarmherzig leuchtendes Licht erzeugt werden, sondern es wird das Licht des Evangeliums, es wird das Licht der Gnade sein, das alles durchleuchten und aufklären wird.“
Thomas Lösche, Religionspädagoge
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