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Wortbrücke in die Domgemeinde zum 2. Juli 2023

Was ist töricht, was ist klug?

Am Sonntag feiern wir im Dom einen Familiengottesdienst zum Schuljahresende, mit den sogenannten klugen und törichten Jungfrauen im Gespräch. Ich mag die Figuren und ich mag die Geschichte. Wenn das Öl knapp wird, gibt es leider bis auf den heutigen Tag Auseinandersetzungen, gar Kriege. Was ist eigentlich töricht, was ist klug? Wenn man einige Jahrzehnte gelebt hat, weiß man: Was heute als klug gilt, kann sich morgen als absolut töricht enttarnen. Und was als töricht hingestellt wird, kann sich im Nachhinein als klug erweisen. Sie werden da persönliche Beispiele kennen. Meines Erachtens ist ein törichter Mensch, ein Mensch, der meint, Gott komme in seinem Leben nicht vor. Ein kluger Mensch ahnt, dass sein Leben in einem größeren Zusammenhang steht.

Ein törichter Mensch blättert das Buch des Lebens durch. Ein kluger Mensch liest es aufmerksam – weil er weiß, er liest es nur einmal.

Auch wenn man viel weiß, kann man trotzdem töricht sein. Die biblische Klugheit hat mit dem Herzen zu tun und ist mehr als die sogenannte „Bauernschläue“. Und diese Klugheit beginnt mit der Ehrfurcht. Martin Luther übersetzte Ehrfurcht meist mit Furcht. Das meint aber nicht die Furcht im dunklen Keller, sondern die Ehr-Furcht vor dem Leben. Ich bin Leben inmitten von Leben, das Leben will. Und weil mein Leben eines Tages zu Ende geht, denke ich von dieser Tatsache in das Leben hinein.

„… auf dass wir klug werden“ Psalm 90, Vers 12

Fangen wir an zu unterscheiden, zwischen dem, was in unserem Leben erstrangig und was zweitrangig ist. Dann sind wir auf einem guten Weg.

Domprediger Jörg Uhle-Wettler