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Foto: S. Aumann &bdquo
Abbildung der Mosaike in der Geburtskirche zu Bethlehem 1160-63 – Jesus zieht in Jerusalem ein


 

Wortbrücke zum Palmsonntag, den 02.04.2023

„Grenzmomente““

Liebe Schwestern und Brüder,

von diesen Grenzmomenten möchte ich heute erzählen, Palmsonntag ist so ein besonderer Sonntag. Der erste Sonntag im April. April, ein bisschen Sonnenschein, aber durchaus auch Hagelkörner, ein warmer sanfter Hauch auf der Haut und kurz darauf schaudert es uns, durch kaltes Wehen. Grenzmomente.
Auch Gottes Geschöpfe sind diesen wechselnden Ausbrüchen der Gefühle unterworfen. Es wechselt dann hin und her an der Grenze zwischen Zuneigung und Abwehr.
Eine vollendete Grenzgängerin ist unsere Katze Lilli. Was für ein süßes Kätzchen sie sein kann, dann kommt sie mit hoch aufgestellten Schwänzchen angelaufen, schnurrt und und liebkost deine Haut mit ihrem warmen weichen Fell. Du streichelst sie, das gefällt ihr und sie will mehr. Bitte streicheln, überall! Jawohl, na klar, Rücken, Köpfchen unterm Bauch…..hmmm. Und dann, eh du dich schützen kannst, fährt das Schmusekätzchen die scharfen Krallen aus ihren Samtpfoten und faucht dich an. Eh du dich in Sicherheit gebracht hast, bist Du schon das kleine Opfer dieser Gefühlsschwankung. Grenzmomente, die ich aushalten kann.

Es gibt auch die, die ich schlecht aushalten kann, die zwei Seiten von Menschen. Eben noch vertraut und liebevoll und plötzlich zeigt sich die andere Seite, dieses fremde und lieblose Gebaren. Es trifft dich mitten ins Herz, wenn du es erlebst. Grenzmomente, die ich aushalten muss.

Vor rund 2000 Jahren machen sich Jesus und seine Jünger auf den Weg nach Jerusalem. Jeder von ihnen mit seiner eigenen Gefühlswelt. Wir haben es schon oft erzählt bekommen. Jesus war es bewusst, was auf ihn zukommen wird, die Jünger wollten es nicht wahrhaben. Die jubelnden Menschen, die Hände hoch mit schwingenden Palmzweigen, ihre Hosianna-Rufe noch im Ohr…., wenig später sind die Hände zu Fäusten geballt, die Gesichter finster und böse und sie rufen „Kreuzige ihn“. Grenzmomente, in denen nichts mehr so ist, wie es war. Unsicherheit breitet sich aus. Manches erkennt man erst im Nachhinein. Bestimmte Zeichen kann ich später besser deuten. Jesu Tod am Kreuz brachte den Menschen das Leben. In der Verachtung, der Misshandlung, im Tod war Gott ganz nah bei ihm. Sein Weg ins Dunkel war ein Weg ins Licht. Und die Menschen drumherum ganz unsicher.
Nur wenige erkannten vorher, wer Jesus wirklich ist, wie zum Beispiel die Frau in Betanien, die ihn mit dem kostbaren Nardenöl verschwenderisch salbte.( Mk 14,3)

Ich denke manchmal an Jesaja, der so kluge Gedanken zu Papier brachte. Für ihn ist es etwas eindeutiger als für mich manchmal, wenn alles wieder so in einem Grenzmoment feststeckt. „Gott der Herr hat mir eine Zunge gegeben, wie sie Jünger haben, dass ich wisse, mit den Müden zu rechter Zeit zu reden. Er weckt mich alle Morgen; er weckt mir das Ohr, dass ich höre, wie Jünger hören. Gott der Herr hat mir das Ohr geöffnet. Und ich bin nicht ungehorsam und weiche nicht zurück.“( Jes 50,4-5)
Das ist die Lebensaufgabe, wie ein Jünger zu werden.
Zu lernen mit Grenzmomenten im Leben klarzukommen, hinter den Vorhang zu schauen, denn nur ich selbst kann an mir arbeiten.

Der Mensch trägt genau so Instinkte in sich, wie Katze Lilli. Dennoch ist der Mensch ein vernunftbegabtes Wesen, ausgestattet mit Verstand, freien Willen und der Fähigkeit hingebungsvoll zu lieben. Allzuoft lassen wir uns nur von den Gefühlen leiten. Ob das nun gut oder schlecht ist, sieht man erst im Nachhinein.
Vielleicht lassen uns nun Grenzmomente etwas erkennen, ein fröhliches Gesicht, welches tiefe Trauer verbirgt oder ein hartes Herz, welches auch barmherzig sein kann. Hinter einer so düster scheinenden Zukunft verbirgt sich oftmals eine neue Chance.
Palmsonntag erinnert uns daran, dass Gott mit uns geht, durch Höhen und Tiefen.

Kommen Sie alle gut durch die Karwoche, mit Zeit zur Besinnung und Einkehr aber auch zur Vorbereitung für das kommende Osterfest.

Ihre Sybille Aumann