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El Greco, Andreas, 16. Jahrhundert, Museo del Greco Toledo (gemeinfrei)
 

Wortbrücke zum Ersten Sonntag im Advent (30.11.2025)

Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße des Freudenboten,
der da Frieden verkündigt, Gutes predigt, Heil verkündigt,
der da sagt zu Zion: Dein Gott ist König!
(Jesaja 52,7 = Spruch des Tages des Apostels Andreas am 30. November)


Am Sonntag ist nicht nur Erster Advent, sondern auch Tag des Apostels Andreas. Wie unsere katholischen Geschwister erinnern wir uns mit dem evangelischen Namenskalender täglich an Menschen, die in besonderer Weise ihre Beziehung zu Christus gelebt haben. Zur „Gemeinschaft der Heiligen“ gehören im evangelischen Verständnis alle Christen. Einige haben die Heiligung durch Gott für andere sichtbar gelebt und schon Luther meinte, dass es nützlich und hilfreich ist sich regelmäßig an sie zu erinnern – als Vorbilder, Wegbegleiter, Geschwister im Glauben.

Kennen Sie zum Beispiel Andreas? Ich meine den Apostel Andreas, der nach katholischem wie evangelischem Namenskalender am 30. November seinen Gedenktag hat. An Andreas erinnert noch das „Andreas-Kreuz“ mit diagonalen, x-förmigen Balken an Bahnübergängen – an einem solchen Kreuz soll er der Legende nach hingerichtet worden sein. Er spielt eine zentrale Rolle in der orthodoxen Kirche, gilt als Apostel Kleinasiens, als Nationalheiliger von Russen wie Ukrainern, von Rumänen und Schotten.

In den drei synoptischen Evangelien (Matthäus, Markus, Lukas) steht er fast immer im Schatten seines Bruders Simon Petrus. Petrus redet ständig und immer als erster; in besonderen Situationen nimmt Jesus Petrus mit Jakobus und Johannes, den Söhnen des Zebedäus mit, Andreas ist nicht dabei. Aber immer wenn die zwölf in Aktion sind, ist Andreas einer von ihnen. Aber die synoptischen Evangelien haben kein besonderes Interesse an Andreas, in den Apostel-Listen steht Andreas weit hinter seinem prominenten Bruder.

Anders ist es dagegen im Johannes-Evangelium. Hier spielt Andreas eine besondere Rolle. Gleich dreimal tritt er besonders in Erscheinung und sagt etwas. Andreas, wie Petrus ein Fischer aus Betsaida (Galiläa), ist zunächst ein Jünger von Johannes, dem Täufer. Dann wird er von Jesus als erster berufen. Und Andreas ist es, der dann seinen Bruder Petrus auf ihn hinweist: „Wir haben den Messias gefunden!“ (Johannes 1,35-42). Auch bei der Speisung der Fünftausend ist es Andreas, der Brücken baut, Menschen vernetzt – und einen Blick für die verborgenen Ressourcen anderer hat. Während die Jünger noch an der unmöglichen Aufgabe verzweifeln, eine solche Menschenmenge in der Einöde sattzubekommen, ist es Andreas, der ein Kind zu Jesus führt: „Es ist ein Knabe hier, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische. Aber was ist das für so viele?“ (Johannes 6,9). Den Blick für Gottes Wunder hat also auch er noch nicht. Aber er erkennt, dass andere Gaben mitbringen. Und zwar gerade die Kleinsten. Und noch ein drittes Mal agiert Andreas als Vernetzer. Kurz vor der Passion kommen Griechen auf die Jünger zu, weil sie Jesus sehen wollen – sie stehen gleichsam für die Verkündigung des Evangeliums an alle Völker. Und wieder ist es Andreas, der gemeinsam mit Philippus ihr Anliegen vor Jesus bringt. Andreas also öffnet anderen den Blick für Christus;er erkennt die verborgenen Ressourcen selbst der Kleinsten; er baut Brücken für den Weg des Evangeliums zu fremden Menschen, bis hin zu den fernen Skythen (Schotten).

Wer war ein Andreas bzw. eine Andrea in Ihrem Leben? Wer war oder ist jemand, der Ihnen den Weg zu Christus gewiesen oder den Blick für verborgene Gaben geöffnet hat? Und für wen sind Sie zum Andreas, zur Andrea geworden?

Vielleicht haben Sie Lust Andreas in unserem Dom zu suchen?

Einen gesegneten Sonntag und eine Woche mit dem Blick für die verborgenen Gaben in Ihrem Gegenüber
wünscht Ihnen
Ihr Friedrich Kramer
Erster Domprediger und Landesbischof