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Lucas Cranach d. Ä
Allegorie auf Gesetz und Gnade
nach 1529, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg als Leihgabe der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen München – Alte Pinakothek (gemeinfrei)

 

Wortbrücke zum 18. Sonntag nach Trinitatis (19.10.2025)

So seht ihr nun, dass der Mensch durch Werke gerecht wird, nicht durch Glauben allein. Jakobus 2,24

Werkgerechtigkeit klingt an, in diesem Bibelvers, der Teil des Predigttextes des heutigen Sonntages ist. Dabei haben wir bei Martin Luther gelernt, dass der Mensch nicht durch die Werke, sondern allein aus Glauben gerecht wird. Er sah die vielen Versuche mit Ablässen und Stiftungen, mit guten Werken sich den Himmel zu erkaufen, deshalb konnte Martin Luther mit dem Jakobusbrief nicht viel anfangen und nannte ihn eine „stroherne Epistel“. Und richtig: wenn wir bei Paulus nachlesen, klingt das ganz anders: „So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben“ (Römer 3,28). Wie geht das zusammen?

Die Antwort finden wir, wenn wir uns vergegenwärtigen, was Paulus und Jakobus mit ihren Worten jeweils verdeutlichen wollten. Ging es Paulus darum klarzustellen, dass sich Gottes Liebe sich nicht verdienen lässt, sondern uns stattdessen geschenkt ist, und zwar von vornherein, geht es Jakobus um die Frage, ob der Glauben Konsequenzen für unsere Lebensführung hat, ein Glaube und sichtbare Werke oder Früchte ist für ihn tot.

Jakobus ist die biblische Stimme, die uns den Spiegel vor Augen hält: Welchen Glauben könnte jemand erkennen, wenn er uns den ganzen Tag begleiten würde und nicht auf das achtete, was wir reden, sondern nur auf das, was wir tun? Würde an uns eine Macht erkennbar werden, die den Menschen dient und sie liebt? Jakobus zwingt uns zur Ehrlichkeit. Jakobus ist die Stimme im Spannungsfeld zwischen Glauben und Werken. Aber die einfache Gleichung Glaube gleich Werke greift auch zu kurz.

Denn im Glauben geht es um Vertrauen, um Sehnsucht und Heilung, die wir uns nicht selbst geben können. Es geht um tiefes Geliebt-Sein und darum, im Letzten aufgefangen zu werden. Es geht um die Poesie und Schönheit dieser Welt, darum, ihren Zauber wahrzunehmen und Gott darin zu erkennen und zu preisen. Es geht darum, dass im Vertrauen auf Gott alles einen Sinn macht oder ob das Leben nur ein kurzer Tanz ins Nichts ist. Das letzte Wort über uns haben nicht unsere Werke, nicht das, was wir getan haben, was wir versäumt haben, was wir nicht geschafft haben. Das letzte Wort über uns hat Gott und es ist ein Wort der Liebe. Daran dürfen wir glauben und darauf vertrauen. Und in diesem Vertrauen können wir getrost das tun, was zu tun ist zum Wohle des Nächsten und zur Ehre Gottes.

Einen gesegneten Sonntag und eine Woche mit viel Glauben und guten Werken
wünscht Ihnen
Ihr Friedrich Kramer, Erster Domprediger und Landesbischof