13. bis 15. Jahrhundert: Der gotische Dom
Am 15. April 1207 übernahm Albrecht, Graf von Käfernburg (in Thüringen), als 18. Erzbischof von Magdeburg
die Leitung des Erzbistums. Fünf Tage darauf, am Karfreitag jenes Jahres, brach plötzlich mittags ein Brand
aus, der den gerade 200 Jahre alten romanischen Dom und die erst wenige Jahrzehnte alten Klausurgebäude
erfasste und sie bis auf die Außenmauern der Basilika und den Kreuzgang-Südflügel zerstörte.
Ohne zu zögern befahl Albrecht, die stehen gebliebenen Mauern abzureißen, und schon gut fünf Monate später,
im September 1207, legte er den Grundstein zum heutigen gotischen Dom, dem mutmaßlich dritten in Magdeburg.
Die Idee dazu hatte Albrecht aus Paris mitgebracht, wo er kurz vor der Wende zum 13. Jahrhundert Theologie
studiert hatte. Dabei hatte er das Entstehen der Kathedrale Notre Dame und der vielen anderen gotischen
Kathedralen der Île-de-France miterlebt und manche Kontakte zu den geistigen Vätern und den Baumeistern
dieser neuen Baukunst geknüpft. Unmittelbar nach 1207 wurden denn auch in Frankreich geschulte Baumeister
in Magdeburg tätig und schufen die östlichen Partien dieses ältesten gotischen Kathedralbaus nach französischem
Muster auf deutschem Boden: den Chorumgang und den Binnenchor. Bereits um oder kurz nach 1215 zogen sie ab;
ihnen folgten zisterziensisch geschulte Baumeister, die den südlichen Abschluss des Chorumgangs sowie die
Chorempore (den später so genannten »Bischofsgang«) schufen. In dieser zweiten Phase erhielt auch der Hohe Chor
sein endgültiges Aussehen: mit dem nachträglichen Einbau der antiken Spoliensäulen aus dem romanischen Vorgängerbau,
mit den sechs lebensgroßen Heiligenskulpturen und den vielen kleinen Reliefs aus dem aufgegebenen Portal der
ersten Bauphase - und nicht zuletzt mit dem zentral im Chor platzierten originalen Hochgrab Ottos des Großen
(während Editha im Chorumgang Platz fand).
Nach 1230 folgten Bauphasen, die gegenüber den ersten Planungen bedeutende Vergrößerungen mit sich brachten:
das erhöhte Querhaus, das verlängerte Langhaus und die verbreiterten Seitenschiffe. Währenddessen entstanden,
ausgeführt von zwei unterschiedlichen Steinbildhauerwerkstätten, berühmte Skulpturenzyklen, die dem Magdeburger Dom
bis heute kunsthistorisch einen hohen Rang verleihen, unter ihnen die fast lebensgroßen Skulpturen der Dompatrone
Mauritius und Katharina sowie der Zyklus der klugen und törichten Jungfrauen am Paradiesportal. Mehrere weitere
Bauphasen folgten, immer wieder unterbrochen durch Pausen, die von Finanznöten oder unsicherer politischer Lage
verursacht wurden. Im Jahre 1363 waren das Kirchenschiff sowie die beiden unteren Turmgeschosse fertig gestellt,
so dass in jenem Jahr unter Anwesenheit vieler bedeutender kirchlicher und weltlicher Fürsten die feierliche
Schlussweihe stattfinden konnte. Zu diesem Anlass erhielt der Dom noch drei bedeutende Ausstattungsstücke:
den heute noch vorhandenen monumentalen Hochaltar, ein bis heute fast vollständig erhaltenes eichenes Chorgestühl
mit aussagestarken Holzreliefs sowie eine für damalige Verhältnisse ungeheuer große Orgel auf der Westempore, die
nicht erhalten ist. Eine größere Umgestaltung im Inneren erfuhr der Dom dann in den Jahren 1450 bis 1455, bei der
unter anderem der Chorbereich verkleinert und der heute noch stehende Lettner erbaut wurde. In der letzten Bauphase
von 1477 bis 1520 wuchsen schließlich die beiden Westtürme auf ihre endgültige Höhe von knapp 101 Metern; der
Magdeburger Dom gelangte damit noch in der gotischen Ära zur Vollendung. In insgesamt 313 Jahren wurde damit
dieses Kathedralbauwerk von 120 Metern Länge, 33 Metern lichter Breite (im Kirchenschiff) und 32 Metern lichter Höhe (im Langhaus) geschaffen.