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Ernst Barlach, „Die Lauschenden“

 

Wortbrücke in die Domgemeinde zu EXAUDI - 29. Mai 2022

Exaudi - Herr, höre meine Stimme, wenn ich rufe! Sei mir gnädig und erhöre mich! (Ps 27, 7)

Der Sonntag Exaudi ist ein „Sandwich-Sonntag“. Er liegt irgendwie dazwischen. Zwischen Himmelfahrt und Pfingsten. Zwischen Abschied und Neuanfang. Vielleicht empfinden manche Menschen die heutige Zeit so, wie damals die Jünger Jesu: Alte Gewissheiten, Sicherheiten und Gewohnheiten gehen verloren. Aber was kommt danach? Was kommt auf uns zu? Was wird die Zukunft bringen? Es gibt eine Menge Sorgen, weil man nicht genau weiß „wo das alles noch hinführen soll“. Not lehrt beten, heißt es.

„Ich dachte an Dich, Herr, und hatte meine Fragen:

Warum und weshalb? Rede Herr zu mir!

Doch Du antwortetest mir nicht.

Da begann ich zu schweigen und wurde still,

bis ich erkannte, dass Du Herr zu mir sprechen wolltest.

Aber ich hörte Dicht nicht, weil ich selbst sprach.

Nun lausche ich auf Deine Stimme Herr,

und bewege Deine Worte in meinem Herzen“ (Kurt Weigel).

Der Sonntag Exaudi weißt bereits schon auf Pfingsten hin. Eine tröstende, eine starke Perspektive. Barlach stellt den lauten Reden und ausschweifenden Gesten in Krisenzeiten den „Fries der Lauschenden“ entgegen. Die Figuren sind in ihrer Zerbrechlichkeit getragen und gehalten von einer Sehnsucht nach dem Geist Gottes. Man muss IHN erspüren und erlauschen. Nelly Sachs beginnt eines ihrer bekanntesten Gedichte so (geschrieben 1945): „Lange haben wir das Lauschen verlernt“.

Thomas Lösche, Religionspädagoge