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Das Bild zeigt die Himmelfahrtskapelle auf dem Ölberg in Jerusalem
 

Wortbrücke der Evangelischen Domgemeinde Magdeburg zum Sonntag Exaudi, 1. Juni 2025

„Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht gen Himmel?“ Und nun …?!

Die Situation ist uns Menschen nicht unbekannt: es wird zu einer großen, entscheidenden Veränderung kommen, das ist klar. Wir sind darauf vorbereitet, haben uns innerlich wie äußerlich auf Neues eingestellt und wissen, dass die neue Lage uns fordern wird. Inhaltlich ist alles gesagt. Und doch: etwas hält uns zurück. Wir warten auf einen letzten Hinweis, einen Anstoß, dass es jetzt wirklich losgehen soll. Und manchmal bleiben wir Menschen in einer solchen Verzögerung hängen, und wir gehen die gute, richtige Veränderung nicht, nicht mit Elan oder verspätet an.

So geht es gerade den Freunden und Freundinnen Jesu samt seiner Familie. Sie haben gerade eine steile Achterbahn der Gefühle hinter sich: gute, gemeinsame drei Jahre mit ihrem Freund und Meister, trotz mancher Fragen, ein Gespür dafür, dass dieser Jesus wirklich etwas Besonderes, Befreiendes weitergeben möchte, der tiefste Schmerz und die umfassende Verzweiflung bei seiner Hinrichtung, die unwahrscheinliche Freude, dass er dennoch lebt, die Erfahrung der Wahrheit und Wirklichkeit von Ostern, nun die Erkenntnis, dass Jesus nicht mehr so wie bisher unter ihnen, aber dennoch immer bei ihnen ist. Diesen Punkt des Verstehens nennt die Jesus-Truppe „Himmelfahrt“, weil dieses Wort ihr Verstehen beschreibt.

Und jetzt? „Ihr werdet meine Zeugen sein bis an das Ende der Erde“, hatte Jesus zu ihnen gesagt. Sie werden also das Erlebte überall weitererzählen, ja erzählen müssen. Sie haben Jesus persönlich gekannt. Sie dürfen nicht sinnend nur nach oben sehen, quasi Jesus hinterherblicken. Das hat man ihnen schon schnell mitgeteilt mit den Worten oben. Aber sie sollen Jerusalem, so ebenfalls Jesus, auch nicht verlassen, bis … ja, bis was eigentlich? Bis der Heilige Geist kommt … aber was soll das sein? Wie sollen sie es merken? Was nun?

So sitzen sie nun zusammen, die Jesus-Leute samt seiner Mutter und der Familie. Sie essen zusammen und tauschen sich aus, sie beten und denken nach. Wann gehen wir los? Gehen wir überhaupt los? Woher wissen wir, wann und wie es losgeht? Ganz menschliche Gedanken, die auch verunsichern und den Schwung bremsen. So geht es uns bis dato immer wieder. Wann ist der richtige Zeitpunkt, der Kairos (Καιρ?ς), das rechte Maß, die gute Gelegenheit, die festgesetzte Zeit. So denkt die Jüngerschar, so denken die Menschen. So ist die Spannung nach Himmelfahrt bis …

… und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Sturm …“ Das ist es, ganz unerwartet und doch ganz sicher, das ist Heiliger Geist: Pfingsten kommt bestimmt – auch zu uns allen! Vielleicht ganz anders, aber ganz sicher! Warten wir darauf, aber nicht nur in den Himmel schauen!

Stephen Gerhard Stehli
Domgemeindekirchenratsvorsitzender