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Wortbrücke in die Domgemeinde zum 17. Sonntag n. Trinitatis (12. Oktober 2025)

„We shall overcome“

Ein Sieg der Liebe und des Vertrauens

„Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat“. (1. Johannesbrief 5,4)

Dieses Bibelwort steht auf dem Grabstein Johann Hinrich Wicherns, des Begründers der neuzeitlichen Diakonie. Er hat Licht in die Welt gebracht, nicht nur weil er der „Erfinder“ des Adventskranzes ist. An dem Ort, wo er mit drei, später zwölf verwahrlosten Kindern im Oktober 1833, in einer einfachen Kate (er nannte es „Rettungshaus“) in Hamburg, seine sozialdiakonische Arbeit begann, arbeiten heute 1.300 Menschen in Pflege, Betreuung und Seelsorge. Wichern war kein strahlender Siegertyp wie wir ihn von den üblichen Siegesfeiern kennen. Weil er den Menschen nahe war – entwurzelten, schwierigen Kindern und den elenden, armen, haltlosen, suchtkranken Erwachsenen – wusste er, wie machtvoll „die Welt“ ist. Die Welt, die Stärke feiert und Schwäche als Versagen brandmarkt. Die Welt einer gnadenlosen sozialen Auslese. Dieser Welt stellte er das Modell der Liebe und des Vertrauens gegenüber. Und andere Menschen schlossen ihm sich an, verschenkten Zuwendung und Liebe, wagten Vertrauen – und erlebten, wie gebrochene Kinder und gescheiterte Erwachsene neuen Mut fanden, wie sie auflebten und aufstanden – auferstanden.

Für Wichern bedeutet Glauben, Gottes Zuwendung zu uns Menschen, die wir in der Person Jesu sehen und erfahren, zu vertrauen – und ihm ins Leben zu folgen. Aufzustehen aus Trauer und Resignation, aus der Welt, die mich binden und lähmen will. Aufzustehen in das Leben, das Christus mir zutraut. „Dies ist schon unser Sieg über die Welt: unser Vertrauen“. (Übersetzung 1. Johannes-brief 5,4 aus „Bibel in gerechter Sprache“)

„Der Wendepunkt der Weltgeschichte, in welchem wir uns gegenwärtig befinden, muss auch ein Wendepunkt in der Geschichte der christlichen und speziell der deutsch-evangelischen Kirche werden… Die Kirche muss zu den Menschen gehen.“ (Wichern auf dem Kirchentag 1848 in Wittenberg)

Thomas Lösche, Religionspädagoge