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Emil Nolde, Pfingsten, 1909,
Staatliche Museen zu Berlin,
Nationalgalerie (Nolde Stiftung Seebüll)

 

Wortbrücke zum Pfingstsonntag (19.05.2024)

Die Bibel spricht vom Geist Gottes, vom Heiligen Geist. Als er, wie angekündigt kam, war Pfingsten. Wo er heute weht, da ist Pfingsten. Aber was ist das – dieser Heilige Geist? Kann man ihn erfassen? Kann man ihn erkennen, wenigstens spüren? Die Bibel erzählt Geschichten davon. Sie erzählt, wie das ist, wenn Menschen mit Gottes Geist in Berührung kommen. Wenn er über sie kommt.

Ruach – so ist das hebräische Wort für „Geist“. Am Anfang der Bibel wird erzählt, wie Gott dem Menschen die Ruach in die Nase blies, und so wurde der Mensch lebendig. Dieser Heilige Geist ist also ein Geist, der lebendig macht. Wunderbar. Und wenn Sie ausatmen und einatmen, dann können sie die Ruach, die Geistkraft, den heiligen Odem spüren.

Elia, ein großer Prophet seiner Zeit, wollte Gottes Kraft sehen, und er sah sie nicht in gewaltigen Naturereignissen in Sturm oder Feuer, sondern Gott kam mit einem sanften Sausen. Der Heilige Geist kommt also nicht spektakulär, nicht in Gefolge von Vulkanausbrüchen und Monsterwellen. Er kommt leise, plötzlich ist er da. Die Jünger Jesu hockten zusammen voller Angst und Mutlosigkeit, im Geist der Angst gefangen, und da kam plötzlich dieser Geist des Lebens über sie, und die Angst war weg. Sie bekamen Mut und fingen an zu erzählen, was sie erlebt hatten, wie sie befreit wurden. So ist der Heilige Geist, der von Gott kommt: kreativ, lebendig, leise, mutmachend und ungemein befreiend.

Aber oft spüren wir ihn nicht, achten wir nicht darauf. Unsere Zeit, so sagen manche, sei geistlos. Manche sagen, dieser alte Heilige Geist des Lebens, den unsere Vorfahren noch spürten, ist weggegangen, ausgewandert. Manche sagen, unser Leben ist so schnell geworden, dass kaum Zeit ist für diesen Geist, der kommen will. Doch hören wir auf die Bibel: vor allem der Evangelist Johannes erzählt davon, dass dieser Geist der Tröster ist. So haben es die Jünger erlebt. Ihr Meister, mit dem sie so viel Gutes erlebt haben, war weg – ja, und was blieb jetzt zurück? Der Geist des Trostes, der sie in der Wahrheit leitet. Das ist die Erfahrung, die sie machten. Der Heilige Geist des Lebens, der in diesem Jesus aus Nazareth Wohnung genommen hatte, der kam zurück und blieb bei ihnen: lebendig, leise, sanft und Mut machend und ungemein befreiend. Das wünsche ich uns, dass wir von diesem Heiligen Geist erfasst werden. Es ist eben nicht egal, in was für einem Geiste wir leben und miteinander umgehen. Der Heilige Geist des Lebens, der Wahrheit und der Liebe will mit uns Umgang haben. Seien wir offen für diese Gotteskraft.

Gesegnete Pfingsten wünscht Ihnen!
Ihr Friedrich Kramer, Erster Domprediger und Landesbischof