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Foto: Gotthard Demmel
 


Wort zur Woche am 21. März 2021
JUDIKA
 

Judika: verhilf mir zu meinem Recht!

In Psalm 43, Vers 1 heißt es: „Steh mir bei Gott, verschaffe mir Recht, ....“
Ein Kapitell im Dom erzählt eine Rechtsgeschichte, aus dem Danielbuch (Buch Daniel, 13,1ff):

Im Garten ihres Mannes erholt sich die schöne und fromme Susanna häufig. Manchmal nimmt sie ein Bad. Zwei ältere, hoch angesehene Richter, beobachten sie heimlich und schmieden einen erpresserischen Plan:
Entweder Sex oder Tod. Bist Du nicht willig, so werden wir Dich verklagen. Wir haben Dich beim Ehebruch mit einem jungen Mann erwischt. Uns wird man glauben. Dich wird man steinigen. Susanna lässt sich nicht darauf ein. Sie betet und „vertraut auf den Herrn“. Die Lügen der Ältesten hätten zur Hinrichtung der Susanna geführt, hätte Gott nicht ihre Gebete erhört, und durch Daniel eingegriffen. Daniel heißt: „Gott ist mein Richter“. Er überführt die beiden Ältesten. Sie werden verurteilt. Susannas Ehre ist wieder hergestellt. Sie hat Gott mehr gehorcht als den Menschen (Apg. 5, 29). Am Kapitell im Chorumgang hält Susanna eine Lilie in der Hand: In mittelalterlicher Zeichensprache Symbol von Reinheit und Würde.

Der Ausgang dieser Geschichte entspricht weitgehend unserem heutigen Rechtsempfinden. Gottes Richten geht aber auch weit darüber hinaus. In 1. Mose 15, „Joseph und seine Brüder“, heißt es: Joseph sagt zu den, ihm gegenüber mit schwerer Schuld beladenen Brüdern: „Fürchtet euch nicht, ich bin unter Gott. Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen; aber Gott gedachte es gut zu machen“. Als Kind fand ich das ungerecht. Die bösen Brüder gehören bestraft!

Was beide Geschichten gemeinsam haben, begegnet uns im 43. Psalm: Die Ermunterung meine Klagen über das Unrecht, was mir widerfahren ist, vor Gott zu bringen. Diese Bitten an Gott, gegen Verfolger und Bedrängnis einzuschreiten, ist eine wirksame Gestalt der Feindesliebe. Das gilt für äußere, wie für innere Feinde. Manchmal kommt die Bedrängnis nicht von außen, sondern aus meinem Inneren: negative Gedanken, falscher Stolz oder Selbsthass.

Kann ich in Situationen von Unrecht und Bedrängnis loslassen, meine Anliegen in Gottes Hand legen? In der Bibel hören wir dazu ein klares Ja, es ist möglich. Gott wird mir Recht verschaffen, aber möglicherweise auch denen, von denen ich meine, dass sie mir Unrecht tun. Das Gottesgericht will ausgleichende Gerechtigkeit. Gottes Richten zielt auf Versöhnung. Versöhnte leben anders, weil am Ende ein gemeinsamer und auch ein innerer Frieden stehen.

Thomas Lösche, Dipl. Religionspädagoge