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Alexej von Jawlensky (1864-1941),
Meditation ‚Das Gebet‘, 1922,
Städtische Galerie im Lenbachhaus, München (gemeinfrei)

 

Wortbrücke zum Sonntag Rogate (25.05.2025)

Der Sonntag Rogate ruft uns auf lateinisch zu mit seinem Namen: Betet! Bittet!
Also es geht um das Gebet. Wie hältst Du es mit dem Beten? Vor dem Essen oder am Morgen oder abends kniend am Bett oder dreimal, fünfmal, siebenmal täglich?

Über das Gebet gibt es verschiedene Meinungen. Die einen sind sich sicher, dass Gott das Gebet hört. Wir müssten Gott nur innig genug bitten, dann wird bestimmt genau das geschehen, wonach wir Gott gefragt und worum wir gebeten haben. Dieterich Bonhoeffer schrieb einmal aus dem Gefängnis: “Es gibt ein erfülltes Leben trotz vieler unerfüllter Wünsche”.

Andere sagen, das Gebet ist vor allem eine Öffnung meiner Seele für das, was Gott mit mir vorhat, also es geht gar nicht darum, dass Gott das macht, was ich will, sondern, dass ich lerne zu hören, was Gott mit meinem Leben vorhat und das ich mit allem kommen kann, was meine Seele bedrückt. Das trage ich hin zu dem, der größer ist als ich. Es geht um das Formulieren der eigenen Sorgen und Nöte, Freuden und Zweifel.

Wieder andere sagen, es geht um Ruhe, Stille und Meditation. Ich blicke weg von mir und meinen Problemen und öffne mich für Gottes Weite und Liebe.

Martin Luther gibt in seinem Katechismus eine Anleitung für das Gebet: Das Gebet ist ein Reden des Herzens mit Gott in Bitte und Fürbitte, Dank und Anbetung. Also ganz verschiedene Gebetsformen und Haltungen. Das Gebet beginnt mit den Bitten an Gott. Dabei hat Martin Luther zwei verschiedene Ebenen im Blick: Die Bitten für einen selbst und die Bitten für andere. Niemand sollte immer nur für sich selbst bitten und die anderen Menschen vergessen, denn das wäre lieblos und egoistisch und nicht im Geist Jesu. Niemand braucht nur für andere zu beten und die eigenen Wünsche und Bedürfnisse hintenanzustellen. Gott nimmt beides wahr: Meine Wünsche und Bedürfnisse und die Wünsche und Bedürfnisse meiner Mitmenschen. Neben den Bitten gibt es das Gebet für Gott, wie beim Vaterunser, in dem wir zuerst Gottes Namensheiligung, das Kommen seines Reiches und das Geschehen seines Willens erbitten. Christliche Existenz und Haltung mündet in Dank und Anbetung. Dabei geht Martin Luther nicht davon aus, dass Gott das nötig hätte. Die meisten Menschen helfen bereitwilliger, wenn sie wissen, dass das Gegenüber hinterher auch dankbar ist. So ist Gott nicht. Wer Gott dankt, macht sich bewusst, dass die Hilfe, die uns Gott schickt, ein Geschenk ist. Wer dankt, weiß: Gott hat mir geholfen, Gott hat mich beschenkt und dafür will ich ihn loben und preisen. S.D.G. - Allein Gott die Ehre!

Wer sich ganz auf Gott einlässt, kann fröhlich beten und sich sicher sein, dass Gott hört, dass Gott sich uns zuwendet und dass Gott es gut machen wird. Und so können wir in Lob und Dank einstimmen – am besten mit einem Lied – siebenmal am Tag!

Einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche wünscht Ihnen
Ihr Friedrich Kramer, Erster Domprediger und Landesbischof